Berlin

Coronaferien Tag 91 – mein Herz schwankt

Julia

Die Coronaferien – unendliche Zeiten… Wir schreiben Tag 91 der Isolation. Ziemlich genau drei Monate lang hat die Pandemie ihre kalten Finger nun schon um unsere kleine Familie geschlungen; aber ihr eisiger Griff lockert sich. Wir bekommen wieder Luft. Wir haben uns arrangiert.

Das neue Normal

Noch immer schaukeln wir zwei Jobs und Kleinkind parallel. Und noch immer habe ich so oft das Gefühl, dass bei diesem Balanceakt immer etwas, oder jemand, hinten runterfällt. Kind, Arbeit, Beziehung, Haushalt und nicht zuletzt man selbst – es sind einfach zu viele Variablen in dieser Gleichung und ich war nie gut in Mathe.

Der Mann schleppt Charlie morgens auf den Spielplatz oder geht mit ihm ausgedehnt spazieren, während ich ein paar Stunden Arbeit runter rocke. Dann beginnt die intensive Zeit, in der oft viele unserer virtuellen Meetings parallel stattfinden, nicht selten hat währenddessen einer von uns das Kind auf dem Schoß und versucht es zu übertönen, damit die Kollegen nicht nur das Kindergebrabbel hören.

Mittags versuchen wir alle gemeinsam zu Essen, das klappt in der Regel ganz gut. Danach folgen ein paar weitere Stunden Jonglieren und Akrobatik – eine Hand am Laptop, die andere am Spielzeugauto, der Kopf irgendwo dazwischen.

Nachmittags schnappe ich mir dann unseren kleinsten Kollegen und versuche ihn auf einem Spielplatz seiner Wahl ausreichend müde zu spielen, sodass Mama und Papa wenigstens abends noch 1-2 Stunden Freizeit zusammen haben.

Von Kopf bis Herz

Und wenn ich abends mal wieder im Bett liege und mein Bauch schmerzt, weil er mit unverdauten Emotionen gefüllt ist und sich mein Herz leer und erschöpft anfühlt, dann schaltet sich mein Kopf ein und macht den Realitätscheck.

Dir geht es gut, flüstert ein heller Gedanke, deine Familie ist gesund.

Ihr bekommt täglich etwas so wertvolles geschenkt – gemeinsame Zeit!

Mein Herz kommt sich dann plötzlich etwas melodramatisch vor. Es pocht ein paar mal unsicher und kehrt dann schüchtern zu seinen unauffälligen Rhythmus zurück.

Ein grauer Gedanke erhebt Einspruch: Alle deine Gefühle sind berechtigt, mahnt er. Du darfst dich überfordert und geschwächt fühlen, auch wenn es vielen deiner Mitmenschen schlechter geht als dir

Und während meine Gedanken sich ineinander verheddern, schlafe ich ein.

Tag 95 der Pandemie.

Stimmungslage: resigniert und müde, aber ok eigentlich.

Das Kind: »Die Spielplätze sind verschlossen!« Noch immer ist er davon überzeugt, dass wir eigentlich gar nicht auf die Spielplätze dürfen, da sie so lange abgesperrt waren. Bittersüß.

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