Vor zehn Tagen hielt ich den positiven Schwangerschaftstest in meinen zittrigen Händen. Zehn Tage – eine kleine Ewigkeit, die ich auf den Termin beim Frauenarzt warten musste.
Nun sitze ich endlich gemeinsam mit meinem Freund im Wartezimmer und mir schlägt das Herz bis zum Hals. Um mich herum sitzen lauter sehr offensichtlich schwangere Frauen und ich fühle mich irgendwie fehl am Platz. Dabei bin ich auch schwanger, ich habe mich nur noch nicht an diese Schublade gewöhnt. Und vielleicht ist ja doch alles falscher Alarm?
Wie zuverlässig ist ein Schwangerschaftstest aus der Drogerie?
Mein Fuß wippt unaufhörlich und ich fummle die ganze Zeit am Reißverschluss meiner Jacke herum. Mein Freund legt mir die Hand aufs Knie und redet mir gut zu, aber ich höre nur das Rauschen in meinen Ohren.
So aufgeregt war ich noch nie!
Die Abiturprüfung war schweißtreibend; erste Dates und die Fahrprüfung nervenaufreibend aber das hier übertrifft alles, was ich bislang erlebt habe.
Ich bin in diese Schwangerschaft hineingeschlittert und habe den Kopf voller Fragen. Wann habe ich zuletzt Alkohol getrunken? Habe ich in den Wochen der Unwissenheit gut genug auf mich geachtet? Hätte ich nicht längst Dinge wie Folsäure nehmen müssen?
Das Herz flattert
Wir werden aufgerufen und mein Herz setzt aus. Und das meine ich nicht im übertragenen Sinne, mein Herz stolpert noch ein weiteres Mal, bevor es seinen Rhythmus wieder findet. Neben meinen Nerven lässt mich jetzt also auch noch mein Körper im Stich; wie soll ich bloß eine ganze Schwangerschaft voller unbekannter Herausforderungen meistern? Von einem Leben mit Kind ganz zu schweigen…
Vor dem Schreibtisch meiner Ärztin platz genommen beantworten wir zahlreiche Fragen. »Wann war die letzte Regel? Gibt es genetische Anomalien in der Familie? Rauchen Sie?« Sie trägt jede unserer Antworten in ein Heftchen und ich komme mir vor wie beim Bewerbungsgespräch. Überwiegen meine Stärken, oder doch meine Schwächen – habe ich mich für den Beruf Mutter qualifiziert?
Das erste Foto von unserem Baby
Wir folgen meiner Frauenärztin schließlich in den Behandlungsraum. Während ich in der Kabine meine Sachen ablege, höre ich meinen Freund sprechen, aber seine Worte dringen nicht zu mir durch. Ich kann nur an eins denken: Was, wenn etwas nicht so ist, wie es sein soll? Das Ei nicht an der richtigen Stelle eingenistet oder dessen Entwicklung nicht erwartungsgemäß vorangeschritten sein. Und so lege ich mich auf die Liege mit dem Gefühl gleich ohnmächtig zu werden.
Die Ärztin bemerkt wohl meine Anspannung, denn sie wechselt zu einer einfühlsamen Tonlage und redet mir gut zu, während sie den Monitor zu uns dreht und diverse Knöpfe am Ultraschallgerät drückt. Als dann die graue Landschaft meiner Gebärmutter auf dem Bildschirm erscheint, sehe ich es sofort – mein Baby! In Form eines kleinen dunklen Punktes, ganz unscharf und klein.
»Herzlichen Glückwunsch!«
»Hier sieht man es schön, sie sind tatsächlich schwanger!« Trällert uns die Ärztin entgegen und zeigt auf den Punkt, um sicherzugehen das wir auch wissen, wovon hier die Rede ist. »Das ist der Embryo. Und hier sehen wir das reifende Herz, man kann schon sehen wie es schlägt!«
Ich schaue abwechselnd zwischen dem Bildschirm und meinem Freund hin und her. Ich fasse es nicht! Gerade mal sechs Wochen alt; ein schwarzer Fleck und doch sieht man ganz deutlich die Bewegungen im Herz-typischen Rhythmus. Ein Lebewesen! Es ist absurd, aber ich empfinde sofort Zuneigung. Ich hätte nie gedacht, das man ohne jegliche Ähnlichkeit zu menschlichen Formen schon solche Gefühle entwickeln kann. Ein Herz; gerade mal sechs Wochen alt und schon ein Herz, ich fasse es einfach nicht.
Der Mutterpass macht es offiziell
All meine wirren Befürchtungen werden von einem »Das sieht alles so aus, wie es sein soll.« Meiner Ärztin weggeweht. Und so ziehe ich, zurück in der Umkleidekabine, überglücklich meine Jeans über meine weichen Knie bevor wir uns wieder dem Papierkram widmen.
Wir besprechen wie es in den kommenden Wochen weitergeht, notieren die nächsten Vorsorgetermine und bekommen eine Tüte voller Lesestoff für werdende Eltern.
Zuletzt legt sie das druckfrische Porträt unseres Babys in meinen Mutterpass und überreicht ihn mir fast feierlich. Es ist offiziell, ich werde Mama. Eigentlich bin ich es schon, finde ich. Schließlich bin ich seit Wochen dabei Tag und Nacht an einem neuen Menschen zu bauen. Nun halte ich meinen brandneuen Mutterpass in den Händen, der mir bestätigt – du hast das alles nicht nur geträumt.
Ich bin unfassbar erleichtert, das die ersten Wochen meiner Schwangerschaft offenbar gut verlaufen sind und ich nun weiß, woran ich bin. Wir schlendern noch zur Apotheke um die Ecke und kaufen eine große, teure Packung Nahrungsergänzungs-Pillen damit wir gut versorgt bleiben. Wir… ein Baby in meinem Bauch und ich.
Nach einigen Stunden weicht meine Euphorie neuen aufkeimenden Sorgen. Es liegen schließlich noch sechs weitere Wochen kritische Zeit vor uns: Das zerbrechliche erste Trimester. Abends nehme ich das erste Foto von unserem Baby und falte es sorgsam zusammen. Ich trage es fortan in meinem Portemonnaie, als Glücksbringer, und hoffe das Beste.